Deine Heiligkeit

Du willst allen Usern zeigen
welche Werte dir zu eigen.
Du schreibst sie oben ins Profil;
Es sind nicht wenig, sondern viel.
Alle Welt soll hier erfahren,
dass vegan du lebst seit Jahren,
so wie man dich als tierlieb kennt
und obendrein als abstinent.
Du gibst keine Macht den Drogen
und noch nie hast du gelogen.
Du bist zudem noch Feminist
und rauchst nicht, auch nicht Gras, nicht Mist.
Weil dir der Tierschutz wichtig ist
und dass das keiner je vergisst,
zeigst du auch deine Mitgliedschaft
in der Partei sehr beispielhaft.
Du bist heiliger als alle hier
und zeigst das ohne jede Zier.
Schließlich soll man dir vergeben,
tust dich schämen für dein Leben.
„Alles, was ich sagen kann“,
führst du ganz bescheiden an,
„das ist, dass es mir leid tut.“
So demonstrierst du Demut.

Hintergrund:

Während meines vorübergehenden Aufenthaltes bei Mastodon wurde ich auf einen Disput zwischen dem Vegetarier Michael Blume und einem radikalen Veganer aufmerksam. Während der Veganer seinen Weg moralisch als den einzig richtigen betrachtete („Da gibt es keine Diskussionen.“), entgegnete ihm Blume, dass er nicht viel davon halte, sich als „Holier-than-thou“ zu inszenieren. Dies und die Profilangaben des Veganers gaben Anlass für mein Gedicht.